Die antibiotische Therapie bei chronischer Borreliose
Leider
ist die antibiotische Therapie bei chronischer Borreliose weit weniger wirksam
als bei akuter Borreliose.
Dies hängt mit den Mechanismen der Tarnung und Täuschung zusammen,
die Borrelien als perfekte Parasiten beherrschen.
Auch eine häufig vorhandene Schwäche des Immunsystems bei den
Erkrankten erschwert die antibiotische Behandlung.
Antibiotika setze ich zur gezielten Verminderung der Erregerbelastung und
Linderung der Symptome ein.
Ich orientiere mich hierbei an den
Leitlinien der Deutschen Borreliose-Gesellschaft.
Positive Laborbefunde alleine sind keine Indikation zur antibiotischen Therapie.
Wenn klinische Symptome und Beschwerden vorliegen, hängt die Wahl des
Antibiotikums von der Schwere der Erkrankung ab.
Wenn gravierende und bedrohliche neurologische Symptome vorliegen, setze
ich Ceftriaxon als Infusion (2 g pro Tag, gepulst, d.h. 5 Tage lang mit
Pause am Wochenende). Die 2-tägige Therapiepause bringt keine Nachteile.
Als orales Antibiotikum bevorzuge ich Minocyclin. Es geht sehr gut in das
Nervenwasser über, wirkt auch intrazellulär und ist gut verträglich.
Ferner kann man den Blutspiegel unter Therapie messen, um sicherzustellen,
dass die Dosis für die Abtötung der Borrelien ausreicht (der erforderliche
Plasmaspiegel liegt nach Untersuchungen einer Schweizer Arbeitsgruppe bei
mindestens 2).
Bei vorrangigem Befall von Gelenken und Bindegewebe ist Azithromycin gut
geeignet. Ich setze es ebenfalls gepulst ein (4 Tage a 500 mg oral, 3 Tage
Pause). Azithromycin kann auch als Infusion verabreicht werden, eine Alternative
ist Clarithromycin (oral oder iv).
Doxycyclin setze ich bei chronischer Borreliose nur hochdosiert i.v. ein
(400 mg gepulst über 4 Tage).
Generell ist eine Kombinationstherapie mit einem Mittel, das gegen Zystenformen
wirkt, erforderlich.
Hierfür kommt Hydoxychloroquin in Frage, das auch als Medikament gegen
Rheuma und Tuberkulose im Einsatz ist. Es ist gut verträglich. Vor
Therapiebeginn ist eine augenärztliche Untersuchung erforderlich, um
Ablagerungen in der Netzhaut auszuschließen. Diese Ablagerungen können
unter Therapie mit Hydroxychloroiquin auftreten, allerdings nur nach langdauernder
Hochdosistherapie. Dies ist bei der Borreliosetherapie nicht zu befürchten.
Eine Alternative zu Hydroxychloroquin ist Artemisia annua intensa. Es ist
ein Pflanzenstoff, der ähnlich gut wirkt, aber keine wesentlichen Nebenwirkungen
hat.
Man kann auch intermittierend Metronidazol oder Tinidazol einsetzen. Beide
Medikamente sind sehr potente Zystenknacker. Tinidazol ist besser verträglich.
Generell muss wegen der langen Generationszeit der Borrelien längerfristig
behandelt werden.
Das Minimum sind 4 Wochen.
In dieser Zeit muss eine Besserung der Symptome eintreten.
Ist dies der Fall, verlängere ich die Therapie um jeweils 2 Wochen,
bis keine weitere Besserung eintritt.
Tritt keine Besserung ein, wechsele ich entweder das Antibiotikum für
2 Wochen oder überprüfe die Diagnose.
Tritt unter der Therapie eine Verschlechterung auf, kann es sich um eine
Herxheimer-Reaktion handeln (sogenannte "Erstverschlimmerung").
Sie wird durch Abtötung der Erreger und Freisetzung von Endotoxinen
verursacht. Sie dauert allerdings maximal 3 - 4 Tage und verschwindet dann.
Bei länger dauernder Verschlechterung überprüfe ich die Diagnose.
Unbedingt wichtig ist die Begleittherapie, speziell die Gabe
von Probiotika.
Eine intravenöse Antibiotikatherapie erreicht akut höhere Blutspiegel
als die orale Therapie. Die Nebenwirkungen auf den Darm sind aber nicht
wesentlich geringer, weil die guten Darmbakterien auch über den Blutweg
dezimiert werden.
Während der Therapie sind regelmäßige Laborkontrollen
erforderlich, um Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten auszuschließen.
Die Indikation zur Fortführung der Therapie ist immer wieder kritisch
zu überprüfen.
Zusammenfassend ist die antibiotische Therapie bei chronischer
Borreliose mit der Antibiose bei Tuberkulose vergleichbar.
Da es sich um eine hartnäckige, zum Rückfall neigende Infektion
handelt, ist eine länger dauernde Therapie erforderlich.
Bitte beachten Sie:
Die antibiotische Therapie über einen längeren Zeitraum als
2 bis 3 Wochen hinaus ist immer ein "nicht bestimmungsgemäßer
Gebrauch" der Medikamente.
Sie ist nur als sogenannter "individueller Heilversuch" durchführbar.
Sie bedarf einer schriftlichen Zustimmung der Patientin / des Patienten
nach ausführlicher Aufklärung.
Die Kosten der Therapie über den "üblichen" Zeitraum
hinaus können nicht über die gesetzliche Krankenversicherung
abgerechnet werden.
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