Informationen zur Labordiagnostik bei Borreliose
Die Labordiagnostik der Borreliose weist einige Besonderheiten und Schwierigkeiten
auf. Speziell bei der Diagnostik der chronischen Borreliose treten diese
Probleme zutage.
Dies führt sogar dazu, dass die Existenz dieser chronischen Erkrankung
in Zweifel gezogen wird.
1. Borrelien-Antikörper (ELISA) und Westernblot-Test
Im Normalfall werden nach Übertragung der Borrelien durch den Speichel
der Zecke oder anderer stechender und saugender Insekten die Erreger von
zirkulierenden Immunzellen (Lymphozyten) erkannt. Die Erreger werden dann
von speziellen Immuneiweißen (Antikörpern) markiert und von Fresszellen
(Makrophagen) zerstört.
Eine in der Folgezeit nachweisbare starke Antikörper-Bildung steht
offenbar mit einem günstigen Verlauf der Erkrankung in Zusammenhang.
Dieser Abwehrmechanismus funktioniert jedoch bei einem Teil der Infizierten
nicht.
Die Gründe hierfür sind:
- Die Borrelien verändern ihre Oberflächenstruktur/Antigenität
alle 4 Tage und machen es dem Immunsystem somit schwerer, spezifische
Antikörper zu bilden.
- Unter Umständen ist die / der Infizierte durch Vorerkrankungen/Belastungen/angeborene
Schwächung der Antikörper-Bildung nicht in der Lage, angemessen
und effektiv auf die Infektion zu reagieren.
- Die Borrelien haben eine Tendenz, sich in schlecht durchblutetem
Gewebe (Innenhäute der Blutgefäße, Sehnen, Bindegewebe,
Nervenscheiden) abzukapseln und zu verstecken. Dort sind sie wiederum
für das Immunsystem schlechter erreichbar.
- Sie bilden auch sogenannte Zystenformen. Diese sind Ruheformen,
die durch Antibiotika nicht abgetötet werden können. Sie können
jederzeit reaktiviert werden und neue Krankheitsschübe auslösen.
- Der sogenannte Biofilm, bei dem sich die Bakterien ein eigenes
abgeschirmtes Ökosystem im Wirtsorganismus schaffen, ist die ausgeprägteste
Form der Abschirmung gegenüber erregerabtötenden Maßnahmen.
Haben sich Borrelien im Organismus eingenistet, wird die Erkrankung
chronisch.
Die Borrelien werden nun von speziellen Lymphzellen (T-Lymphozyten) attackiert.
Diese aktivieren wiederum Fresszellen, die Borrelien vernichten. Da die
befallenen Zellen hierbei mitzerstört werden, entsteht eine starke
Entzündungsreaktion. Diese äußert sich z. B. in Form der
Gelenkentzündung (Lyme-Arthritis), atrophischer Hautentzündung
(Acrodermatitis atrophicans Herxheimer) oder Entzündung des Nervensystems
(Polyneuropathie, Gehirnentzündung).
In dieser Situation kann von den T-Lymphozyten die weitere Antikörper-Bildung
sogar unterdrückt werden. Dies führt zum Krankheitsbild der
so genannten seronegativen chronischen Borreliose.
Bestimmung der Antikörper gegen Borreliose führt in
dieser Situation nicht zur Diagnose.
Die ELISA-Antikörper sind von geringer Spezifität und
geringer praktischer Bedeutung.
Der Westernblot-Test ist spezifisch, kann aber nicht zwischen aktiver
und "alter" Infektion unterscheiden.
Aus dem Verlauf der Antikörper heraus kann man nicht beurteilen,
ob die Erkrankung zum Stillstand gekommen ist oder fortbesteht.
2. Der Lymphozytentransformations-Test (LTT)
Bei diesem Test werden Abwehrzellen des Patienten angezüchtet und mit
verschiedenen hochspezifischen Antigenen (Infektionseiweißen) der
Borrelien in Kontakt gebracht.
Wenn diese Lymphzellen innerhalb eines Zeitfensters von 4 Wochen vor der
Untersuchung Kontakt mit Borrelien im Körper des Patienten hatten,
findet eine Stimulation und Vermehrung dieser Immunzellen statt. An der
Stärke der Proliferation (Vermehrung) dieser Zellen kann man dann ablesen,
ob Borrelien im Organismus vorhanden waren.
Der Test ist hochspezifisch und zeigt vor und nach Therapie an, ob Erreger
präsent sind.
Einschränkungen der Aussagekraft des Tests:
- Eine kürzlich durchgeführte antibiotische Therapie kann
das Ergebnis verfälschen. Deshalb ist es erforderlich, nach Therapie-Ende
mindestens 6 Wochen abzuwarten, bis eine Kontrolle des Tests erfolgt.
- Es liegt eine zelluläre Immunschwäche des Patienten vor.
- Das Immunsystem unterdrückende Medikamente (Cortison, Immunsuppressiva)
vermindern die Reaktivität der Lymphozyten.
- Der Patient befindet sich zum Zeitpunkt des Testes in einer klinisch
stummen Phase der Erkrankung, bei der nur wenig Borrelien für das
Immunsystem erkennbar sind. Dies kann zu schwach positiven Ergebnissen
führen. Aus diesem Grunde ist es generell günstiger, den LTT
während einer Phase starker Beschwerden durchzuführen. Gegebenenfalls
ist es sinnvoll, eine erneute Kontrolle nach 4 - 6 Wochen durchzuführen
- Da der Test mit lebenden Blutzellen durchgeführt werden muss,
ist die Frische der Blutprobe entscheidend. Das Material sollte deshalb
auf möglichst schnellem Wege in das Labor gelangen. Neben der Sorgfalt
bei Abnahme und Versand der Blutprobe ist selbstverständlich auch
der Qualitätsstandard des die Untersuchung durchführenden
Labors entscheidend für verwertbare Ergebnisse.
3. Bestimmung der CD57 positiven NK-Zellen
Es handelt sich um spezielle, besonders kompetente weiße Blutzellen,
die mit einer intakten Funktion des zellulären Immunsystems verknüpft
sind.
Burrascano (USA) hat festgestellt, dass diese Zellen bei chronischer Lyme-Borreliose
ab einer Krankheitsdauer von mehr als 1 Jahr immer vermindert sind.
Als unterer Grenzwert gilt eine Absolutzahl von 60 Zellen pro Mikroliter
(60 /ul).
Eine Verminderung von CD57-positiven Zellen kann auch bei anderen chronischen
Infektionen auftreten, ist also nicht spezifisch für Borreliose.
Die CD57 positiven NK-Zellen zeigen aber auch eine allgemeine Immunschwäche
an und sind mit dem größten Immunorgan des Menschen, dem Darm,
assoziiert.
Zusammenfassend liefert für die Beurteilung, ob eine chronisch-aktive
Borrelioseinfektion vorliegt, die Kombination von Antikörperbestimmung
mit Westernblot, LTT auf Borrelien und CD57 positiven NK-Zellen die genauesten
Resultate.
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